Nie Wieder

„Ein Staat wird dem Volk nicht einfach auf einem Silbertablett serviert.“
Chaim Weizmann

Jüdische Heimstätte

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstand der Zionismus als jüdische Nationalbewegung, die für die Juden einen Staat in ihrer historischen Heimstätte, in der damaligen osmanischen Provinz Palästina, beanspruchte. In der Balfour-Deklaration erklärten sich die Briten 1917 mit den Bestrebungen der Zionisten in Palästina einverstanden. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Niederlage der Türkei bekamen die Briten auf der Konferenz von San Remo 1920 das Völkerbundmandat für Palästina zugesprochen. Im selben Jahr kam es in Jerusalem und 1921 in Yafo zu Pogromen gegen die jüdischen Gemeinden. Als Reaktion darauf wurde die paramilitärische Schutzorganisation Hagana gegründet. 1929 kam es zum Pogrom von Hebron und 1936 begann der arabische Aufstand. Gabi Schutz hat diese Zeit in Bat Yam miterlebt. Gabi Schutz

Neben der Hagana gab es die revisionistischen Milizen Etzel und Lehi. Während des Zweiten Weltkrieges formierte sich im Yishuv außerdem der Kampfverband Palmach, der, im Gegensatz zur Hagana, aus stehenden Einheiten bestand und für offensive Aktionen mobilisiert werden konnte. Gegründet und aufgebaut wurde der Palmach von der Hagana und den Briten, um im Falle eines Einmarschs die Achsenmächte zu bekämpfen. Als die Briten ihre Unterstützung einstellten, wurden die stehenden Einheiten des Palmach auf die Kibbuzim verteilt, wo die Kämpfer mitarbeiteten, aber auch militärisch trainiert wurden.

Der Dienst in der Hagana wurde für die Bewohnerinnen und Bewohner der jüdischen Siedlungen obligatorisch und auch viele Einwohner der Städte ließen sich rekrutieren. Shulamit Korati

Dienst beim Britischen Militär

Als Reaktion auf die Einreiserestriktionen der Briten (Weißbuch) organisierte die Hagana die illegale Einwanderung. Gleichzeitig stellte sie sich an die Seite der Briten im Kampf gegen die Nazis. Zehntausende Juden in Palästina rekrutierten sich für das britische Militär, unter ihnen auch Gertrud Gertrud Klimowski und Riva. Extra

Nach langem Drängen der Juden, sie als Juden erkennbar kämpfen zu lassen, formierte sich in der britischen Armee im Juli 1944 die Jüdische Brigade als kämpfende Einheit. Ze’ev Hirschberg gelangte nach seiner Einreise in das Jugenddorf Meir Shafira und schloss sich dort der Hagana an. Später war er Teil einer Vorbereitungsgruppe für die Gründung eines Kibbuz und wurde aus der Gruppe für die Jüdische Brigade rekrutiert. Ze'ev Hirschberg

Bricha (Fluchthilfe)

Die Bricha (hebräisch für ‚Flucht‘) war eine zionistische Organisation, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges von jüdischen Partisanen und Widerstandskämpfern gegründet wurde. Sie verfolgte das Ziel, Überlebenden der Shoah die illegale Einreise nach Palästina zu ermöglichen. Viele Soldaten, die in der Jüdischen Brigade gedient hatten, rekrutierten sich für die Bricha. So machte es auch Ze’ev Hirschberg, der für die Bricha an deren Standpunkt in Meran als Fahrer tätig war. Ze'ev Hirschberg

Holocaustüberlebende

Im Elternheim Pinkhas Rozen galten lange sehr strenge Aufnahmebedingungen, deren wichtigste Deutsch als Muttersprache war. Zunächst waren die Wartelisten lang, und erst als die Nachfrage nachließ, wurden die Aufnahmekriterien gelockert. Statt Deutsch als Muttersprache reichte es bald, Deutsch sprechen zu können, und selbst das wurde irgendwann nicht mehr verlangt. Das Heim öffnete sich Einwanderern aus Polen, der Tschechoslowakei, Rumänien und Ungarn. Die meisten von ihnen waren Überlebende des Holocaust, denen erst nach dem Zweiten Weltkrieg die oft illegale Einwanderung gelang.

Eine dieser Holocaustüberlebenden ist Miri Schönberger. Miri Schönberger wird als Margit Sauer in der ungarischen Stadt Paks geboren und wächst dort auf. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Ungarn wird sie gemeinsam mit ihrer Familie und allen Bewohnern der Stadt in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. In Auschwitz sehen Miri und ihre Zwillingsschwester Sarah sowie ihr Bruder die Eltern und ihre Großmutter zum letzten Mal. Ein SS-Mann fragte ihre Mutter, ob Miri und Sarah Zwillinge seien. Da ihre Mutter dies bejahte, wurden sie gezwungen, die Selektion mitanzusehen: Auf die eine Seite kamen diejenigen, die man zur Zwangsarbeit nötigte, auf die andere die Alten und die Kinder, die ins Gas geschickt wurden. Miri und Sarah wurden tätowiert und kamen in den Zwillingsblock, wo Josef Mengele seine Zwillingsexperimente durchführte. Dreimal in der Woche wurde Miri Blut abgenommen, sie wurde stundenlang vermessen und manchmal wurden ihr Injektionen verpasst. Als besonders hart blieben ihr die oft stundenlangen Zählappelle in Erinnerung. „Doktor Mengele“ könne sie ihn nicht nennen, sagt Miri, nur „Drecktor Mengele“. Sie und ihre Schwester gehörten zur bekannten Gruppe der „Mengele-Zwillinge“. – Gertrud hat die Geschichte von Miri ins Deutsche übersetzt.
Miri Schönberger

Nahostkonflikt

1947 wird im UN-Sicherheitsrat die Teilung des Mandatsgebiets in einen jüdischen und einen arabischen Staat beschlossen. Die überschwängliche Begeisterung unter den Juden weicht schon bald der Besorgnis, denn als Reaktion auf den Teilungsplan greifen die palästinensischen Araber zu den Waffen. Im Mandatsgebiet bricht der jüdisch-arabische Bürgerkrieg aus.

Shulamit Korati arbeitete im Hauptquartier der Luftstreitkräfte in der Montefiori-Straße, das des Öfteren im Fadenkreuz arabischer Scharfschützen auf dem Minarett der Hassan-Bek-Moschee stand. Shulamit Korati

Nach seinem Ausscheiden aus der britischen Armee diente Eli Sender der Ta’as, der geheimen Rüstungsindustrie der Hagana. Eli berichtet, dass unbemerkt von den Engländern im Herzen von Tel Aviv PIAT-Panzerabwehrwaffen gebaut und hierfür auch Eisenbahnachsen verwendet wurden. In einer weiteren versteckten Stätte beteiligte sich Eli Sender an der Herstellung von Sprengstoff. Außerdem wurden in einer Orangenplantage versteckt Mörser aus Wasserrohren gefertigt.
Eli Sender

Noch vor Abzug der Briten beabsichtigte die Hagana im Frühjahr 1948, den Versorgungsweg nach Jerusalem freizukämpfen. Dieser wurde von arabischen Milizen belagert, die jüdische Konvois nach Jerusalem zu einem Himmelfahrtskommando machten.

Nach Ablauf des britischen Mandats und der Verkündung der israelischen Unabhängigkeit am 14. Mai 1948 griffen fünf arabische Armeen an, Yair Noam darunter die Arabische Legion, eine von den Briten in Jordanien aufgebaute und ausgebildete Armee. Die Gründung der integrierten israelischen Streitkräfte fand dagegen in den Wirren des Krieges statt. Auch die Bewaffnung der Soldaten und die Ausrüstung der Einheiten mit notwendigem militärischem Gerät, um gegen reguläre Armeen zu bestehen, vollzog sich während der Kampfhandlungen. Die Luftwaffe formierte sich ebenfalls während des Krieges. Trotzdem konnten die Juden den Krieg gewinnen und ihrer Vernichtung entgehen. Miris Bruder fiel im Unabhängigkeitskrieg.

Am Tag der Verkündung der israelischen Unabhängigkeit herrschte große Freude unter den Juden. Doch schon am nächsten Tag brach der Krieg aus und eine Granate riss ein Loch in die Außenmauer von Ilse-Lores Wohnung. Im Laufe ihres Lebens sah sie ihre Kinder und Enkelkinder als Soldaten im Krieg kämpfen und musste viele Sorgen durchstehen.

Eine Woche nach dem Gedenken an den Holocaust und den Widerstand gedenkt Israel den Gefallenen der Kriege und der Opfer des Terrors. Die Bewohner des Heims trauern erst um die Angehörigen, die von den Deutschen ermordet wurden, und eine Woche später um jene Verstorbene ihrer Familien aus der arabischen Aggression gegen den jüdischen Staat. Auf diese Tage der Trauer folgt der feierliche Unabhängigkeitstag.

1967, als erneut eine arabische Invasion droht, erklärt der erste Vorsitzende der PLO, Ahmad Shukeiri, dass alle Israelis, die den Krieg überleben, bleiben dürften. Shukeiri fügt hinzu, dass er nicht davon ausgehe, dass es viele Überlebende geben werde. Die Belagerung erzeugte das Gefühl, von aller Welt verlassen zu sein. Dieses Gefühl war eng verknüpft mit der Erfahrung des Holocaust. Als Folge einer Invasion hätte Israel vernichtet werden können. Die Israelis aber kamen ihrer Vernichtung zuvor und konnten die als Sechstagekrieg bekannte militärische Auseinandersetzung für sich entscheiden.

Die israelische Staatsräson „Nie wieder“ meint, nie wieder ausgeliefert zu sein. Helen Thompson: Der jüdische Staat ist der materielle Verteidigungsort der Juden.

1973 musste sich Israel im Jom-Kippur-Krieg wieder gegen seine Vernichtung wehren. Viele Juden fielen in den Kämpfen, auch der Sohn von Inge Stern.

Es folgten Terror und weitere Kriege. 1974 starben bei einem Überfall auf Kirjat Schmona 18 Menschen, darunter acht Kinder, und wenig später wurden bei der Besetzung einer Schule in Maalot 22 Schülerinnen und Schüler getötet. Beim Küstenstraßen-Massaker 1978 wurden 38 Israelis ermordet.

1982 brach der Libanonkrieg aus, 1987 die Erste Intifada, 1991 wurden Scudraketen aus dem Irak nach Israel geschossen, 2000 entwickelte sich die Zweite Intifada, mit mehr als tausend Toten auf israelischer Seite, 2006 der zweite Libanonkrieg. 2008, 2012, 2014 und 2021 kam es zu militärischen Auseinandersetzungen mit der Hamas im Gazastreifen. – Gedanken zum Kriegsgeschehen 2014 aus der Sicht von Shulamit Korati